Antiklassizismen im Cinquecento
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Para-Klassizismus

D.1 Benvenuto Cellinis antiklassizistische Hybridisierung der klassischen Lyrik in den Rime und der Vita (Antonio Mariani)

Das Projekt konzentriert sich auf die umfangreiche Lyrik-Produktion Cellinis. Die Rime und die lyrischen Bestandteile der Vita wurden bislang in der Forschung nur randständig behandelt. Auf den ersten Blick besehen ergeben die Rime ein disparates Konglomerat aus petrarkistischer Tradition und zeitgenössischen Vorbildern (Aretino, Michelangelo). Tatsächlich stellt Cellinis Lyrikproduktion jedoch das ehrgeizige Projekt eines ‚anderen Klassizismus‘ dar, denn was seine Referenzoptionen angeht, inszeniert sich Cellini als Erbe antiker Modelle, die von autoreferentiellen Exkursen konterkariert werden, was ausgehend von antiklassizistischen Kehrtwendungen eine Art ‚Über-Klassizismus‘ zu implementieren scheint. Die verschiedenen lyrischen Klassizismen, die Cellini verbindet, werden im Projekt identifiziert und klassifiziert. In der Folge ist zu analysieren, wie der klassische Kanon revidiert bzw. die konventionellen Muster in die für Cellini typische Matrix einer antiklassizistischen ‚scrittura‘ umgebogen werden (u.a. Spagat zwischen religiösen Madrigalstrukturen und häretischen Provokationen).

D.2. Antiklassizistische Dicht-Kunst und klassizistisches Arte-Fakt bei Benvenuto Cellini (Angela Oster)

Benvenuto Cellinis Texte sind nicht zuletzt deshalb alles andere als einfach zu kategorisieren, weil sie einerseits den Anschluss an klassische Modelle suchen und auf der anderen Seite ostentativ einen auffälligen Anti-Klassizismus zur Schau stellen. Letzterer baut auf konterdiskursiven Schockwirkungen einer ‚Ästhetik des Hässlichen‘ auf, die aufgrund ihres unzeitgemäßen Zuschnitts (bspw. hybride Handhabung der klassischen Gattungssysteme oder auto-laudative Rhetorik der Vita) verhinderte, dass ein Text wie die Vita zu Lebzeiten des Autors erscheinen konnte. Eine sektoriale Beschränkungen seiner Kunst und seiner Texte lehnte Cellini ab, was auch seine Traktatliteratur mit anti-klassizistischer Verve demonstriert. Das Projekt analysiert die Anteile von faktualem und fiktionalem Erzählen in den narrativen Texten Cellinis und setzt sie in Verbindung zu seinen Werken der Bildenden Kunst. Dicht-Kunst, Hand-Werk und Arte-Fakt stehen bei Cellini in einem synästhetischen Austausch und prägen einander gegenseitig, was mittels von theorieoptionalen Disparitäten im Rahmen einer typologisch flexibilisierten Kunstdiskussion bewerkstelligt wird.